Elektromagnetische Felder

Auswirkungen auf den Menschen

Abweichungen der VEMF von 2013/35/EU

Situationen, in denen die Expositionsgrenzwerte für sensorische Wirkungen überschritten werden dürfen (Art. 1, §3, Abs. (7-8))

In der Richtlinie 2013/35/EU wird ganz allgemein unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit eingeräumt, eine vorübergehende Überschreitung der Expositionsgrenzwerte für sensorische Wirkungen als zulässig anzusehen. In der VEMF wird dies präzisiert, so dass dies nur für die folgenden Situationen zulässig ist (unter der Voraussetzung einiger in §3, Abs. (8) aufgelisteter Bedingungen):

  • bei Widerstands- und Bolzenschweißarbeiten in beengten Räumen (z.B. bei der Herstellung von Prototypen in der Automobilindustrie) mit Überschreitung infolge Überbelastung durch das Magnetfeld,
  • in Anlagen zur Erzeugung, Übertragung und Verteilung von elektrischer Energie
    • bei Arbeiten ab einer Nennspannung von 220 kV mit Überschreitung infolge Überbelastung durch das elektrische Feld,
    • bei Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten mit Überschreitung infolge Überbelastung durch das Magnetfeld.

 

Zulässige, zeitlich eng begrenzte Magnetfeld-bedingte Überschreitungen der Expositionsgrenzwerte in Störfällen in Energieerzeugungs- und Verteilungsanlagen (Art. 1, §3, Abs. (9-10))

Da dieses Thema in der Richtlinie 2013/35/EU völlig ausgespart bleibt, jedoch praktisch relevant ist, wurde in der VEMF diesbezüglich eine klare Regelung getroffen. Im Wesentlichen wird hier festgelegt, dass in solchen Störfällen (z.B. Kurzschlüsse) kurzzeitige Überschreitungen der Expositionsgrenzwerte zulässig sind, wobei die Dauer der Expositionsgrenzwertüberschreitung die Auslösezeit von Abschalteinrichtungen nach Stand der Technik nicht überschreiten darf. Zusätzlich ist diese Ausnahmeregel an einige in Absatz §3, Abs. (10) angeführte Bedingungen geknüpft.

 

Auslösewerte für magnetische Felder zur Vermeidung nichtthermischer Wirkungen (Art. 1, §4, Abs. (1), Ziffer 2)

Unter Rücksichtnahme auf eine erleichterte Expositionsbeurteilung in der Praxis präzisiert die VEMF hier, dass die in 2013/35/EU definierten „niedrigen Auslöseschwellen“ im Sinne der VEMF an jenen Orten einzuhalten sind, an denen sich der Kopf der Arbeitnehmenden aufhalten kann. Sinngemäß werden die „hohen Auslöseschwellen“ und „hohen Auslöseschwellen für Gliedmaßen“ aus 2013/35/EU in der VEMF als „Auslöseschwellen für den Rumpf“ und „Auslöseschwellen für Gliedmaßen" festgelegt.

 

Auslöse- und Expositionsgrenzwerte für schwangere Arbeitnehmerinnen (Art. 1, §5)

Für Schwangere gelten am Arbeitsplatz die Referenz- und Basisgrenzwerte der EU-Ratsempfehlung 1999/519/EU. Diese entsprechen im Wesentlichen den Grenzwertempfehlungen für die Allgemeinbevölkerung gemäß den ICNIRP-Guidelines aus 1998. Angemerkt wird, dass diese Referenz- und Basisgrenzwerte im Frequenzbereich bis 10 MHz teilweise deutlich von den aktuellen ICNIRP Empfehlungen für die Allgemeinbevölkerung aus 2010 abweichen (in den meisten Fällen bieten die Referenzwerte aus 1998 ein höheres Schutzniveau als die Referenzwerte aus 2010).

 

Bewertungen, Berechnungen und Messungen (Art. 1, §6)

Im Hinblick auf die Anforderungen an fachkundige Personen oder Dienste, die Bewertungen, Berechnungen und Messungen zur Risikobeurteilung durch EMF am Arbeitsplatz durchführen dürfen, geht die VEMF etwas über die (sehr allgemein formulierten) Anforderungen in 2013/35/EU hinaus, indem, neben der fachlichen Kenntnis in der VEMF auch explizit einschlägige Berufserfahrungen gefordert werden. Auch wenn grundsätzlich Betriebsangehörige als derartige Fachkundige eingesetzt werden können, wird es in vielen Betrieben wahrscheinlich keine ausreichende Erfahrung mit diesem speziellen Thema geben. In diesem Fall Fällen sollte auf externe Fachkundige zurückgegriffen werden. Auch bei externen Fachkundigen sollte man sich überzeugen, dass sie die gesetzlich geforderte einschlägige Erfahrung mitbringen, da dies für eine sinnvolle Expositionsbeurteilung unerlässlich ist. Unzureichende Erfahrung kann oftmals zu Fehleinschätzungen der Situation führen und dies wiederum entweder zu Unterschätzungen des Risikos oder zu unangemessen hohem Aufwand (und damit Kosten) bei der Expositionsbeurteilung.

 

Beschäftigungsverbot und -beschränkung für Jugendliche (Art. 3)

Mit der VEMF wird die Verordnung KJBG-VO insofern geändert, dass die Beschäftigung von Jugendlichen (unter 18-Jährigen) an Arbeitsplätzen, an denen die Auslösewerte gemäß VEMF überschritten werden, verboten ist. Dieses Verbot gilt jedoch (gemäß KJBG-VO) nicht für Jugendliche nach 18-monatiger Ausbildungszeit und wenn die Arbeiten unter Aufsicht durchgeführt werden.

 

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